Lebend-Impfstoffe - Immunglobuline
Die erfolgreiche Immunisierung mit viralen Lebend-Impfstoffen erfordert die Replikation des Impfvirus im Körper des Impflings. Immunglobuline, auch in Blut, können die Vermehrung des Impfvirus hemmen.
Unwirksamkeit der Impfung möglich
Die Immunantwort auf die parenterale Gabe von Lebend-Impfstoffen kann vermindert sein oder ganz ausbleiben, wenn gleichzeitig Immunglobuline oder Bluttransfusionen gegeben werden. Eine ausreichende Serokonversion kann möglicherweise nicht erreicht werden.
Nach Gabe von Immunglobulinen oder Bluttransfusionen sollen mindestens 3–5 Monate (siehe aktuelle Fachinformationen) bis zur parenteralen Anwendung von Lebend-Impfstoffen abgewartet werden. Auch nach der Impfung soll möglichst 4 Wochen lang keine Bluttransfusion und kein Immunglobulin gegeben werden.
Schwerwiegende Folgen wahrscheinlich - kontraindiziert
Lebend-Impfstoffe - Immunsuppressiva
Immunsuppressiv wirkende Arzneistoffe unterdrücken die Immunantwort beim Kontakt mit Krankheitserregern. Die Dissemination von Impfkeimen wird dadurch begünstigt und die Serokonversion beeinträchtigt. Auch abgeschwächte Keime können eine manifeste Infektion hervorrufen. Einzelne Infektionen durch Lebend-Impfstoffe unter immunsuppressiver Therapie wurden berichtet.
Dissemination des Impfkeims und beeinträchtigte Immunantwort möglich
Patienten, die mit Lebend-Impfstoffen geimpft werden, während ihre Immunantwort durch Immunsuppressiva unterdrückt ist, können in Einzelfällen am Impfkeim erkranken, teils lebensbedrohlich. Ausserdem kann die Serokonversion beeinträchtigt werden. Immunsuppressiv wirken die meisten Zytostatika, Mittel zur Behandlung von rheumatoider Arthritis, Psoriasis, Morbus Crohn und Multipler Sklerose sowie Stoffe zur Verhinderung der Transplantatabstossung.
Bei relevanter Immunsuppression sollen Lebend-Impfstoffe nicht gegeben werden. Die Immunantwort kann mehrere Monate nach dem Absetzen der Immunsuppressiva unterdrückt sein. Empfehlungen zum zeitlichen Abstand der Impfung zur immunsuppressiven Behandlung variieren zwischen 1 und 12 Monaten: Die jeweilige Produktinformation ist zu beachten. In einigen Fällen können anstelle der Lebend-Impfstoffe auch Tot- bzw. Toxoid-Impfstoffe (Typhus) oder geeignete Immunglobuline eingesetzt werden.
Schwerwiegende Folgen wahrscheinlich - kontraindiziert
Lebend-Impfstoffe - Glukokortikoide
Die systemische Anwendung von Glukokortikoiden in pharmakologischer Dosierung kann die Immunreaktion auf Kontakt mit Krankheitserregern unterdrücken. Die Ausbreitung von Impfkeimen wird dadurch begünstigt. Auch abgeschwächte Keime können eine manifeste Infektion hervorrufen.
Dissemination des Impfkeims möglich
Patienten, die mit Lebend-Impfstoffen geimpft werden, während ihre Immunreaktion durch Glukokortikoide unterdrückt ist, können in Einzelfällen am Impfkeim erkranken, teils lebensbedrohlich. Ausserdem kann die Serokonversion beeinträchtigt werden.
Bei hochdosierter Glukokortikoid-Therapie (>=Prednison-Äquivalente 2 mg/kg Körpergewicht oder 20 mg/d länger als 2 Wochen) sind Lebend-Impfstoffe kontraindiziert. Auch Cushing-Symptome deuten eine Immunsuppression an. Einen Monat nach dem Ende der Glukokortikoid-Therapie können Lebend-Impfstoffe wieder gegeben werden. Nach der Impfung soll 2 Wochen nicht systemisch mit Glukokortikoiden behandelt werden, Ausnahme: vitale Indikationen. Lokale und inhalative Glukokortikoide wirken in der Regel nicht immunsuppressiv.Typhus-Lebend-Impfstoff: der entsprechende Toxoid-Impfstoff kann eingesetzt werden, bei dem aber die Immunantwort unter Immunsuppression abgeschwächt sein kann (siehe Monographie Tot- und Toxoid-Impfstoffe-Glukokortikoide). Auch geeignete Immunglobuline können alternativ eingesetzt werden.Auch die BCG-Therapie des Harnblasenkarzinoms darf während einer Immunsuppression nicht vorgenommen werden, da eine systemische BCG-Infektion dadurch begünstigt wird.
Schwerwiegende Folgen wahrscheinlich - kontraindiziert
Lebend-Impfstoffe - Immunsuppressiv wirkende Biologika
Biologika können auf verschiedenen Wegen die zelluläre und humorale Immunantwort beeinträchtigen.Ein 3 Monate alter Säugling, der nach der Anwendung von Infliximab während der Schwangerschaft eine BCG-Impfung erhielt, verstarb anderthalb Monate später an disseminierter Tuberkulose.
Verminderte Immunantwort; Infektion durch den Impfkeim nicht auszuschliessen
Die genannten Fusionsproteine und monoklonalen Antikörper können möglicherweise eine generalisierte Infektion durch den Impfkeim hervorrufen und die Immunantwort beeinträchtigen.
Die Applikation von Lebend-Impfstoffen ist bei relevanter Immunsuppression zu vermeiden. Die Patienten sollen, soweit möglich, vor Beginn der Behandlung mit den Biologika alle Impfungen nach den geltenden Impfempfehlungen erhalten.Die Elimination der Biologika nach dem Absetzen und damit die immunsuppressive Wirkung kann mehrere Monate anhalten.Abatacept: Lebendvakzine sollen nicht innerhalb von 3 Monaten nach Absetzen gegeben werden.Guselkumab: Vor der Gabe eines Lebend-Impfstoffs soll die Behandlung für mindestens 12 Wochen ausgesetzt und frühestens 2 Wochen danach wieder aufgenommen werden.Risankizumab: Innerhalb von 4 Wochen vor und 21 Tagen nach der Behandlung sollen keine abgeschwächten Lebendimpfstoffe angewendet werden.Siltuximab: Innerhalb von 4 Wochen vor und während der Behandlung sollen keine abgeschwächten Lebendimpfstoffe angewendet werden.Tildrakizumab: Vor der Gabe eines Lebend-Impfstoffs soll die Behandlung für mindestens 17 Wochen ausgesetzt sein und frühestens 4 Wochen nach der Impfung soll die Behandlung fortgesetzt werden.Bei Säuglingen, die in utero einem immunsuppressiven Biologikum ausgesetzt waren, wird vor Anwendung von Lebend-Impfstoffen eine Wartezeit von 5-12 Monaten nach der Geburt empfohlen.
Nicht empfohlen (vorsichtshalber kontraindiziert)
Lebend-Impfstoffe - Axicabtagen ciloleucel, Tisagenlecleucel
Axicabtagen ciloleucel bzw. Tisagenlecleucel richtet sich gegen B- bzw. T-Zellen des körpereigenen Immunsystems.
Verminderte Immunantwort; Infektion durch den Impfkeim nicht auszuschliessen
Axicabtagen ciloleucel bzw. Tisagenlecleucel kann die Immunantwort auf einen Lebend-Impfstoff unterdrücken, wodurch die Immunisierung verringert wird und Patienten am Impfkeim erkranken können.
Eine Impfung mit viralen Lebend-Impfstoffen wird nicht empfohlen für mindestens 6 Wochen vor Beginn einer Chemotherapie zur Lymphozytendepletion, während der Behandlung mit Axicabtagen ciloleucel bzw. Tisagenlecleucel und bis zur Wiederherstellung des Immunsystems nach der Behandlung mit Axicabtagen ciloleucel bzw. Tisagenlecleucel.
Nicht empfohlen (vorsichtshalber kontraindiziert)
Lebend-Impfstoffe - Calcineurin-Inhibitoren, lokale Anwendung
Calcineurin-Inhibitoren unterdrücken die Immunreaktion nach Kontakt mit Krankheitserregern. Die Dissemination von Impfkeimen wird dadurch begünstigt und die Serokonversion beeinträchtigt. Auch abgeschwächte Keime können eine manifeste Infektion hervorrufen. Auf Grund der minimalen Absorption der Immunsuppressiva bei lokaler Anwendung ist eine mögliche systemische Interaktion unwahrscheinlich. Mit Pimecrolimus wurde die Wechselwirkung nicht untersucht. Die lokale Anwendung von Tacrolimus zeigte bei Impfung mit einem Protein-Konjugat-Impfstoff gegen Neisseria meningitidis Serogruppe C keine Effekte auf die Sofortantwort, die Ausbildung eines Immungedächtnisses oder die humorale und zellvermittelte Immunität.
Dissemination des Impfkeims/verminderte Serokonversion nicht ganz auszuschliessen
In der Regel wird kein Einfluss von lokal appliziertem Tacrolimus bzw. Pimecrolimus auf die Vermehrung des Impfkeimes oder die Serokonversion erwartet.
Patienten mit ausgedehntem atopischem Ekzem sollen vorsichtshalber vor einer Lokaltherapie mit Pimecrolimus oder Tacrolimus oder während eines behandlungsfreien Intervalls geimpft werden.
In bestimmten Fällen Überwachung bzw. Anpassung nötig