Procain - Acetylcholinesterase-Hemmer
Procain wird im Plasma überwiegend durch die Plasmacholinesterase abgebaut, so dass bei Hemmung dieses Enzyms erhöhte Procain-Plasmakonzentrationen resultieren können.
Verstärkte Wirkungen von Procain möglich
Die Wirkungen von parenteral angewandtem Procain können durch gleichzeitige Behandlung mit Acetylcholinesterase-Hemmern verstärkt werden. Eine verstärkte Toxizität von Procain zeigt sich beispielsweise durch Parästhesien am Mund, Unruhe, Schwindel, Blutdruckabfall oder Hypertonie, Tachykardie oder tonisch-klonische Krampfanfälle.
Einige Hersteller Procain-haltiger Arzneimittel empfehlen, während der Behandlung mit Procain-Injektionslösungen keine Acetylcholinesterase-Inhibitoren anzuwenden.
Nicht empfohlen (vorsichtshalber kontraindiziert)
Muskelrelaxantien, depolarisierende - Acetylcholinesterase-Hemmer
Suxamethonium bewirkt eine Muskelrelaxation durch Dauerdepolarisation von Acetylcholin-Rezeptoren. Die Wirkung nimmt ab, wenn Suxamethonium durch die Acetylcholinesterase abgebaut wird. Durch Acetylcholinesterase-Inhibitoren wird demnach die Wirkung von Suxamethonium verlängert. Möglicherweise sind weitere Mechanismen beteiligt.
Bei 39 Soldaten setzte die Spontanatmung nach Muskelrelaxation mit Suxamethonium um mehrere Minuten später ein, wenn sie unter der Behandlung mit Pyridostigmin (zur Prophylaxe einer Organophosphat-Vergiftung) standen. Ein ähnlicher Fall ist bei einer Alzheimer-Patientin beschrieben, die mit Donepezil behandelt wurde.
Verstärkte/verlängerte Muskelrelaxation
Bei Patienten, die mit einem Acetylcholinesterase-Hemmer (Distigmin, Donepezil, Galantamin, Irinotecan, Neostigmin, Physostigmin, Pyridostigmin, Rivastigmin) behandelt werden, ist bei einem operativen Eingriff unter Suxamethonium (Succinylcholin) eine verstärkte und verlängerte Muskelrelaxation zu erwarten.
Wenn möglich, sollen Acetylcholinesterase-Hemmer vor Operationen, die den Einsatz von Muskelrelaxantien erfordern, abgesetzt werden, denn auch mit stabilisierenden Muskelrelaxantien können Interaktionen auftreten. Dabei sind bei Donepezil und Distigmin die langen Eliminationshalbwertszeiten zu beachten: 70 bzw. 65 Stunden; bei älteren Patienten können sie noch länger sein. Diese Stoffe sollen daher ca. zwei Wochen vor einer Operation abgesetzt werden.
Überwachung bzw. Anpassung nötig
Beta-Blocker - Cholinergika
Beide Stoffgruppen hemmen die kardiale Reizleitung und wirken verengend auf die Bronchialmuskulatur, so dass von einem additiven Effekt ausgegangen wird.
Verstärkte Bradykardie und Bronchokonstriktion möglich
Bei gleichzeitiger Behandlung mit Beta-Blockern und Cholinergika verschiedener Gruppen (Parasympathomimetika, Acetylcholinesterase-Hemmer) können anhaltende Bradykardien und Synkopen auftreten.
Bei Anwendung von Methacholin zur Diagnose der bronchialen Hyperreaktivität kann es unter Behandlung mit Beta-Blockern zu einer verstärkten Bronchokonstriktion kommen.
Ist die gleichzeitige Behandlung mit einem Beta-Blocker und einem Cholinergikum unumgänglich, soll das Risiko der Bradykardie bedacht werden. Bei Bedarf sollen die Dosierungen angepasst oder indikationsgerechte Alternativen eingesetzt werden.
Der Provokationstest mit Methacholin darf während einer Therapie mit Beta-Blockern nur nach eingehender Nutzen/Risiko-Bewertung eingesetzt werden und sollte frühestens nach einer Karenzzeit von 12 h durchgeführt werden.
Aus Augentropfen werden Beta-Blocker zu ca. 80 % absorbiert. Dabei wird der First-Pass-Effekt umgangen, so dass systemisch wirksame Plasmakonzentrationen resultieren können. Die Interaktion ist daher auch bei Ophthalmika mit Beta-Blockern nicht ganz auszuschliessen. Auch Pilocarpin-Augentropfen können systemische Wirkungen hervorrufen.
Überwachung bzw. Anpassung nötig
Fingolimod - Bradykard wirkende Stoffe
Additive bradykarde Effekte: Bei Therapiebeginn mit Fingolimod sinkt vorübergehend die Herzfrequenz, ausserdem kann es zu einer Verzögerung der atrioventrikulären Überleitung mit einem vorübergehenden, spontan sich zurückbildenden kompletten AV-Block kommen.
Verstärkte Bradykardie bei Behandlungsbeginn mit Fingolimod
Bei gleichzeitiger Behandlung mit Fingolimod und bradykard wirkenden Arzneistoffen (Antiarrhythmika, Beta-Blocker, Cholinergika, Herzglykoside, Ivabradin, Verapamil, Diltiazem) kann eine verstärkte Bradykardie auftreten; relevante QT-Zeit-Verlängerungen sind nicht auszuschliessen: Bei Gabe von Fingolimod während der Behandlung mit bradykard wirkenden Arzneimitteln kann die Herzfrequenz zusätzlich um etwa 15 % sinken.
Wenn die gleichzeitige Behandlung mit Fingolimod und einem bradykard wirkenden Arzneimittel (Beta-Blocker, Antiarrhythmika der Klassen Ia und III, Calciumantagonisten, Herzglykoside, Acetylcholinesterasehemmer, Ivabradin, Pilocarpin) vorgesehen ist, soll zuvor ein Kardiologe konsultiert werden: wenn möglich soll auf ein Arzneimittel gewechselt werden, das die Herzfrequenz nicht senkt. Ist dies nicht möglich, soll die Herzfrequenz der Patienten mindestens über Nacht überwacht werden.
Überwachung bzw. Anpassung nötig
Crizotinib - Bradykard wirkende Stoffe
Additive bradykarde Effekte: Unter der Behandlung mit Crizotinib treten sehr häufig teils symptomatische Bradykardien mit Synkope, Schwindel, Hypotonie, Sehstörungen oder Müdigkeit auf. Die volle Wirkung von Crizotinib auf die Herzfrequenz entwickelt sich möglicherweise erst mehrere Wochen nach Behandlungsbeginn.
Gefahr ausgeprägter Bradykardien
Bei gleichzeitiger Behandlung mit Crizotinib und weiteren bradykard wirkenden Stoffen (Alpha-2-Rezeptoragonisten, Antiarrhythmika, Beta-Blocker, Cholinergika, Herzglykoside, Ivabradin, Verapamil) können ausgeprägte Bradykardien auftreten.
Schon während der Behandlung mit Crizotinib alleine müssen Blutdruck und Herzfrequenz regelmässig kontrolliert werden. Dies gilt besonders bei gleichzeitiger Behandlung mit weiteren bradykard wirkenden Arzneistoffen. Treten symptomatische Bradykardien auf, sind je nach Schweregrad das Absetzen der beteiligten Arzneimittel bzw. Dosisreduktionen nötig.
Überwachung bzw. Anpassung nötig
Pasireotid - Bradykard wirkende Stoffe
Additive bradykarde Effekte: nach intramuskulärer Applikation von Pasireotid treten häufig Sinusbradykardien auf.
Gefahr ausgeprägter Bradykardien
Bei gleichzeitiger Behandlung mit Pasireotid und weiteren bradykard wirkenden Stoffen (Beta-Blocker, Cholinergika, Herzglykoside, Ivabradin, Verapamil, Diltiazem) können ausgeprägte Bradykardien auftreten.
Bei Patienten, die gleichzeitig mit Pasireotid Arzneimittel erhalten, die Bradykardien auslösen können, wird eine klinische Überwachung der Herzfrequenz empfohlen, vor allem zu Behandlungsbeginn.
Überwachung bzw. Anpassung nötig
Muskelrelaxantien, stabilisierende (nicht depolarisierende vom Curare-Typ) - Acetylcholinesterase-Hemmer
Stabilisierende Muskelrelaxantien rufen durch kompetitive Hemmung der cholinergen Nicotinrezeptoren an der motorischen Endplatte eine Muskelrelaxation hervor. Acetylcholinesterase-Hemmer erhöhen die Acetylcholin-Konzentration an der motorischen Endplatte, wodurch die stabilisierenden Muskelrelaxantien aus der Bindung verdrängt werden.
Verminderte Wirkung der stabilisierenden Muskelrelaxantien
Acetylcholinesterase-Hemmer (Distigmin, Donepezil, Galantamin, Irinotecan, Neostigmin, Physostigmin, Pyridostigmin, Rivastigmin) können die Wirkungen der stabilisierenden Muskelrelaxantien (Atracurium, Cisatracurium, Mivacurium, Pancuronium, Rocuronium, Vecuronium) beeinträchtigen.
Bei Patienten, die mit Acetylcholinesterase-Hemmern behandelt werden, soll eine möglicherweise verminderte Wirksamkeit von stabilisierenden Muskelrelaxantien bedacht werden. Bei der Antagonisierung der muskelrelaxierenden Wirkung stabilisierender Muskelrelaxantien durch Neostigmin wird die Wechselwirkung therapeutisch ausgenutzt.
Vorsichtshalber überwachen